Ein gemeinsames Konto von Ehegatten oder Lebenspartnern i. S. d. LPartG wird in der Praxis regelmäßig als Oder-Konto
geführt werden (im Folgenden wird vom Eheleutekonto gesprochen, die Rechtsfolgen erfassen gleichwohl auch Konten von Lebenspartner i. S. d. LPartG). Kommt es zu einer Einzahlung eines Ehegatten auf dieses Konto, kann es sich hierbei gegebenenfalls um eine freigiebige Zuwendung
i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handeln, die den Grundsätzen der Schenkungsteuer
unterliegt. Die Feststellungslast, dass – aufgrund von im Innenverhältnis getroffenen Vereinbarungen – keine Schenkung vorliegt, obliegt den Ehegatten, wenn es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass beide Ehegatten zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind. Gleichwohl reicht eine bloße Einzahlung auf das gemeinsame Konto regelmäßig noch nicht aus, um eine Schenkung anzunehmen. Vielmehr muss der andere Ehegatte die eingezahlten Beträge auch für sich verwenden. Die Feststellungslast dafür trifft die Finanzverwaltung.
II. Auf einen Blick
Eine in der Praxis allgegenwärtiger Sachverhalt wie das Eheleutekonto in Form eines Oder-Kontos wird steuerlich häufig vollständig unterschätzt. Immer wieder greifen Finanzbehörden gerade bei Gutverdienern
wie Freiberuflern, Unternehmern oder Führungskräften das Thema „Oder-Konto bei Ehegatten“ auf. Kommt es dabei zu über den regelmäßigen Familienunterhalt hinausgehende
Einzahlungen zum Beispiel aufgrund von hohen Zahlungen für einen Ehegatten aus Erbschaften, Lebensversicherungen, Tantiemen, Boni, Abfindungen, Veräußerungsgewinnen oder Gewinnausschüttungen, sieht die Finanzverwaltung
häufig den anderen Ehepartner als hälftig beschenkt. Als Schenkung
gilt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch diese auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Die Rechtsprechung
wollte hingegen in der Vergangenheit nicht per se bei der Überweisung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto eine Schenkung an den anderen Ehegatten annehmen, sondern auf die Gesamtumstände des Einzelfalls
abstellen. Zwar wird in solchen Fällen regelmäßig zunächst eine Schenkung zu vermuten sein, gleichwohl kann diese Vermutung aber durch überzeugende Nachweise auch widerlegt werden. Die Führung eines solchen Nachweises (sog. Klarstellungsvereinbarung) bedarf es insbesondere getrennt für die Vergangenheit sowie aber auch für die Zukunft. Darüber hinaus müssen sich die getroffenen Vereinbarungen auch im tatsächlich gelebten Sachverhalt
widerspiegeln.
III. Im Detail
Gemeinschaftskonten/-depots können in zwei Konto-/Depotformen geführt werden: Sogenannte „Und-Konten“ bzw. „Und-Depots“, bei denen die Berechtigten nur gemeinsam über das Guthaben verfügen können, oder sogenannte „Oder-Konten“ bzw. „Oder-Depots“, bei denen die Berechtigten jeweils einzeln verfügen können.
Mit Blick auf das Oder-Konto
von Eheleuten, einhergehend mit den dort täglich vollzogenen Vermögensverschiebungen stellt sich steuerrechtlich stets die Frage, ob darin im Einzelfall auch eine steuerpflichtige Schenkung
liegen kann. Gehaltseingänge
eines Ehepartners auf ein gemeinschaftliches Gehaltskonto, von dem typischerweise die Lebenshaltung bestritten wird, stellen regelmäßig keine freigebige Zuwendung
an den Ehegatten dar, sondern dienen der Erfüllung der durch die Ehe bedingten gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung
(§ 1360 BGB). Etwas Anderes kann aber bei einem deutlich über das für das üblicher Weise notwendige Maß hinausgehende Kontoguthaben gelten. Insbesondere wenn dieses dem anderen Ehegatten zur Vermögensbildung zugänglich ist, denn der gesetzliche Unterhaltsanspruch dient der Deckung des ehelichen Lebensbedarfs, nicht
aber der Teilhabe am Vermögen
des anderen Ehegatten, auch nicht
für Zwecke der (gemeinsamen) Altersvorsorge.
Die Finanzverwaltung
vermutet zunächst bei Gemeinschaftskonten, dass diese grundsätzlich beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte zuzurechnen sind, unabhängig von originären der Herkunft des Geldes. Demnach wäre jede Einzahlung die ausschließlich durch oder für einen Ehepartner auf das Gemeinschaftskonto erfolgt, dem Grunde nach eine Schenkung an den anderen Ehepartner, da dieser rechtlich gesehen die Hälfte des Kontoguthabens beanspruchen und faktisch
über diese verfügen
kann. Die Hälfte
der von einem Ehegatten eingezahlten Beträge wird somit regelmäßig als Schenkung an den anderen Ehegatten
behandelt. Etwas Anderes könne nur gelten, wenn die Beteiligten eine abweichende Vereinbarung
getroffen haben und dies nachweisen
können.
Kritisch ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Festsetzungsfrist
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO). Regelmäßig wird somit Schenkungsteuer
auch für lange zurückliegende Vorgänge
festgesetzt.
Sowohl der Bundesfinanzhof (BFH)
als auch der Bundesgerichtshof (BGH)
entschieden in der Vergangenheit jedoch in solchen Fällen dahingehend, dass es grundsätzlich nicht auf die zivilrechtliche Vermutung für die Kontoaufteilung ankommt, sondern die tatsächliche Handhabung
der Ehepartner im Innenverhältnis
ausschlaggebend ist. So soll bei einer intakten Ehe
davon ausgegangen werden können, dass die Ehegatten aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, Zweck und Handhabung abweichend der gesetzlichen Regelungen
des § 430 BGB (die mit der Ausgleichungspflicht der Gesamtgläubiger einhergehende Teilung des Kontovermögens) bestimmt haben. Demnach soll eine Bereicherung des anderen Ehepartners nur vorliegen, wenn und soweit dieser im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich
und rechtlich frei
über das eingezahlte Guthaben verfügen kann
und die Zuwendung unentgeltlich
ist (BFH Urteil 23. November 2011, II R 33/10, Rn. 21). Beispielsweise kommt es darauf an, ob die Einzahlung auf das Gemeinschaftskonto zur Verwendung für den gemeinsamen Lebensunterhalt
dient, oder ob eine Zuwendung an den anderen Ehegatten zur eigenen Vermögensbildung
oder eigenen Schuldentilgung
dient. Die Beweislast hierfür liegt jedoch beim Finanzamt. Dieses muss anhand objektiver Tatsachen eine Schenkung nachweisen. Lediglich der Hinweis auf die Verfügungsbefugnis des Ehegatten über das Kontoguthaben reicht nicht aus, damit von einer tatsächlichen Bereicherung ausgegangen werden kann. Ebenfalls soll eine nur im Einzelfall vorgenommene Verwendung eines Betrages zu eigenen Vermögensbildung
durch einen Ehepartner darauf hindeuten können, dass lediglich dieser und nicht der hälftige Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto schenkungsweise überlassen wurde. Insgesamt liegt die Feststellungslast
für steuerbegründende oder steuererhöhende Tatsachen bei dem Finanzamt. Die Feststellungslast für steuermindernde Tatsachen liegt hingegen bei dem Steuerpflichtigen.
Zum Zwecke der Nachweisführung bietet sich daher regelmäßig eine sogenannte Klarstellungsvereinbarung
an. Dies gilt insbesondere auch bei größeren Einmalzahlungen. Diese Vereinbarung sollte insbesondere alle betroffenen Konten klar benennen. Darüber hinaus muss die Vereinbarung klarstellen, dass zwischen den Ehegatten zu jedem Zeitpunkt im Innenverhältnis
das gemeinsame Verständnis
besteht, dass der nicht einzahlende Ehegatte über die Mittel allenfalls nur zur Bestreitung der gemeinsamen ehelichen Lebensführung
freie Verfügungsmacht besitzt und, dass im Übrigen keine rechtliche und tatsächliche Verfügungsmacht
besteht. Darüber hinaus ist zu regeln, dass bei einer Verfügung
des anderen Ehegatten über die jeweiligen Kontoguthaben ohne ausdrückliche Zustimmung oder Weisung
des einzahlenden Ehegatten, die über den Rahmen der Haushaltsführung und der allgemeinen gemeinsamen Lebensführung der Familie hinausgehen sollte, der andere Ehegatte zur Rückgewähr der Gelder verpflichtet ist. Ungeachtet von der Form der Vereinbarung muss diese aber auch tatsächlich von den beiden Ehepartnern durch schlüssiges Verhalten
„gelebt“ werden, um in etwaigen Streitfällen Bestand haben zu können. Sollten bereits dergleichen kritische Übertragungsfälle in der Vergangenheit
stattgefunden haben, gilt es diese mit einer gesonderten Klarstellungsvereinbarung
(individuell und für die Vergangenheit) zu erfassen.
Etwas schwieriger wird regelmäßig der Fall eines Oder-Depots
gelagert sein. Zwar gelten die vorstehenden Grundsätze für Oder-Konnten auch für Oder-Depots, jedoch ist die Bestimmung der Eigentumslage deutlich schwieriger. Wenn aus dem Kontoguthaben des Eheleutekontos (Oder-Konto) Geld, welches nicht dem ehelichen Lebensunterhalt dient, verwendet wird, um über ein Eheleutedepot (Oder-Depot), Wertpapiere zu erwerben, ist zusätzlich zwischen der Eigentumslage
an den verwahrten Wertpapieren
und den Rechten
aus dem Depotverwahrungsvertrag
zu unterscheiden. Regelmäßig kann die reine Einrichtung eines Oder-Depots noch keinen Aufschluss über die tatsächliche Eigentumslage an den verwahrten Wertpapieren geben. Zwar existiert grundsätzlich gem. § 742 BGB („im Zweifel“) eine schwach ausgeprägte Auslegungsregel für gleiche Anteile der Oder-Depotinhaber, welche jedoch nicht zur Anwendung kommen kann, wenn sich aus dem Parteiwillen etwas anderes ergibt oder sie der Sachlage nicht gerecht wird. Auch an dieser Stelle muss zunächst auf mündliche
oder schriftliche Vereinbarungen
sowie das tatsächliche Verhalten
der Eheleute abgestellt werden.
Ehegatten haben, unabhängig von ihrem gesetzlichen Güterstand, einen steuerlichen Freibetrag
für Schenkungen in Höhe von 500.000 Euro
innerhalb von 10 Jahren
(§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Erst mit Überschreiben dieses Freibetrags fällt Schenkungsteuer an. Die obigen Grundsätze gelten natürlich auch für unverheiratete Paare, wenngleich in diesem Fall der steuerliche Freibetrag lediglich 20.000 Euro innerhalb von 10 Jahren beträgt und der anzuwenden Steuersatz wesentlich höher ist.
Problematisch ist dieses Thema insbesondere, wenn es im Rahmen der Vermögensplanung zwischen den Eheleuten „übersehen“ wird und zuvor sicher geglaubte und in die Planung mit einbezogene steuerliche Freibeträge plötzlich für etwaige steuerfreien Vermögensübertragungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Die fehlende Anzeige der Vorschenkung
wird dann regelmäßig als Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit
zu qualifizieren sein.
IV. Fazit
Vorstehende Ausführungen haben gezeigt, dass bei einer gemeinsamen Kontoführung von Ehepartnern oder Lebenspartnern i. S. d. LPartG mehrere steuerliche Fallstricke existieren, welche gleichwohl – durch eine umsichtige Planung im Voraus – beeinflusst werden können. Wichtig bleibt festzuhalten, dass das Guthaben bei einem Oder-Konto regelmäßig den Ehegatten jeweils zur Hälfte zusteht. Soll etwas Anderes gelten, muss dies eindeutig vereinbart werden. Wenngleich in diesem Zusammenhang eine mündliche Vereinbarung
zwischen den Eheleuten an dieser Stelle grundsätzlich ausreichen würde, so ist den Steuerpflichtigen zum Zwecke der Beweisführung
gegenüber der Finanzverwaltung dringend anzuraten, bereits mit Eröffnung des Gemeinschaftskontos, spätestens jedoch vor der Einzahlung auf ein Gemeinschaftskonto, eine schriftliche Vereinbarung
über die Mittelverwendung
zu treffen (Klarstellungsvereinbarung).
Für Fälle in denen es in der Vergangenheit an einer solchen Vereinbarung über die tatsächliche Verwendung im Innenverhältnis gefehlt hat, gilt es einzelfallbezogen
etwaige schenkungsteuerpflichtige Sachverhalte zu prüfen
und gegenüber der Finanzverwaltung offenzulegen. Ist eine Schenkung zwischen den Ehegatten für die Vergangenheit anzunehmen, kann im Einzelfall neben der Nutzung der persönlichen schenkungsteuerlichen Freibeträge auch eine rückwirkende Bereinigung
der Situation durch einen möglichen Zugewinnausgleichsanspruch in Frage kommen (sog. „Güterstandschaukel“). Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Eheleute zum Zeitpunkt der Schenkung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Ferner ist auch dieser Weg nicht ohne steuerliche Fallstricke und sollte stets entsprechend vorbereitet werden. Insbesondere ist gegenwärtig häufig strittig, ob die Güterstandschaukel auch auf einen realisierten Straftatbestand
der Steuerhinterziehung
oder Ordnungswidrigkeitentatbestand wirken kann, weshalb dem Steuerpflichtigen in dieser Sache stets die Prüfung der Möglichkeit einer parallelen Selbstanzeige
anzuraten sein wird.
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