von Katharina Schmolke und Lara-Sofie Bernert
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29 Apr., 2024
Neben ertragsteuerlicher Besonderheiten die Influencer, Streamer, YouTuber und Blogger (nachfolgend Influencer) beachten müssen, ist auch das Thema Umsatzsteuer von großer Bedeutung. Im zweiten Teil unserer Tax-Basics-Reihe befassen wir uns daher mit den Leistungen von Influencern und deren umsatzsteuerlicher Behandlung. I. Grundlegendes Wann gilt ein Influencer als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ? Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, gilt als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Dafür ist die Absicht Einnahmen zu erzielen ausreichend. Anders als im Ertragssteuerrecht, hier wird eine Gewinnerzielungsabsicht vorausgesetzt. Daher kann eine Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht auch im Falle einer ertragsteuerlichen Liebhaberei vorliegen. Influencer, die die Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft erfüllen, sind für umsatzsteuerliche Zwecke als Unternehmer anzusehen. Wann liegt eine nachhaltige (wirtschaftliche) Tätigkeit vor? Maßgebende Kriterien für die Beurteilung, ob eine nachhaltige Tätigkeit vorliegt sind insbesondere Folgende: Tätigkeit mit Wiederholungsabsicht planmäßiges Handeln, Ausführung mehr als nur eines Umsatzes, Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses, langfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis Intensität des Tätigwerdens, Beteiligung am Markt Auftreten wie ein Händler Unterhalten eines Geschäftslokals. Die unternehmerische Tätigkeit kann bei Influencern schon vorliegen, wenn die Absicht besteht , durch das Hochladen und Teilen von Inhalten künftig Zahlungen zu erhalten und diese Tätigkeit regelmäßig zu wiederholen . Was ist die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung und ist diese auf Influencer anzuwenden? Sofern die Umsätze eines Unternehmers im laufenden Jahr bzw. Gründungsjahr nicht mehr als 22.000€ betragen und im Folgejahr die Umsatzgrenze von 50.000€ voraussichtlich nicht überstiegen wird , kann sich der Unternehmer als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG behandeln lassen. Dies ist auch für Influencer möglich. Dadurch entfällt die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und seit dem Jahr 2024 entfällt auch die Abgabe einer Umsatzsteuer- Jahreserklärung. Jedoch verliert man die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen . Sofern die o.g. Umsatzgrenzen in einem Jahr überschritten werden, wird automatisch die Regelbesteuerung angewendet. Es besteht die Möglichkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Bei erklärtem Verzicht wird der Influencer wie ein regelversteuernder Unternehmer behandelt und muss auf den Erlösrechnungen Umsatzsteuer ausweisen, hat aber dafür auch die Vorsteuerabzugsberechtigung für Eingangsrechnungen. Dies kann unter Umständen dann vorteilhaft sein, wenn der Influencer größere Eingangsrechnungen mit Vorsteuerabzug zu erwarten hat. Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung gem. §19 Abs. 2 Satz 2 UStG bindet den Steuerpflichtigen für mindestens fünf Kalenderjahre . II. Lieferungen und sonstige Leistungen eines Influencers und deren Ort Influencer, YouTuber und Blogger erbringen in der Regel verschiedene Leistungen. Auch Leistungen die zunächst den Anschein haben steuerfrei zu sein, können der Umsatzsteuer unterliegen wie z.B. die kostenlose Überlassung von Produktproben und Sachzuwendungen. Um im Falle einer späteren Betriebsprüfung umsatzsteuerliche Konsequenzen und Steuernachzahlungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, jede Leistung einzeln zu Betrachten um eine zutreffende Einordnung vornehmen zu können. Die richtige Einordnung hat Auswirkungen auf die Bestimmung des Leistungsortes und die daraus resultierende Steuerpflicht. Sofern der Ort einer sonstigen Leistung bzw. Lieferung im Inland liegt und diese steuerbar und nicht steuerbefreit ist, unterliegt der Umsatz in der Regel der Umsatzsteuer von 19%, welche in der Rechnung gesondert auszuweisen ist. Nachfolgend geben wir einen Überblick über mögliche Leistungen und deren umsatzsteuerliche Beurteilung. Gewinnbeteiligung an Werbeumsätzen von Video-Plattformen Mit der Erstellung und dem hochladen von Videos auf Video-Plattformen wie z.B. YouTube, generiert der YouTuber in der Regel Einnahmen über eine Gewinnbeteiligung an den Umsätzen, welche die Plattform mit Werbeanzeigen vereinnahmt. Die Tätigkeit wird als selbstständige nachhaltig Tätigkeit mit Einnahmenerzielungsabsicht angesehen, auch wenn nur ein einmaliges hochladen erfolgt mit der Absicht, durch regelmäßigen Aufruf von Dritten auch zukünftig Werbeeinnahmen zu erzielen. Die Erteilung der Erlaubnis Werbeanzeigen auf dem Kanal abspielen zu dürfen stellt eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG dar. Der Ort der Leistung ist gem. § 3a Abs. 2 UStG dort, wo der Leistungsempfänger (Video-Plattform) seinen Sitz bzw. seine wirtschaftliche Tätigkeit hat (Empfängerortsprinzip). Beiträge von Bloggern Mit dem verfassen und hochladen von Schrift- und Videobeiträgen werden zudem oft Einnahmen generiert, indem im Beitrag Verschaltungen von Werbung und Links platziert werden, die zu anderen Unternehmen führen. Hierdurch erzielen Blogger bzw. Vlogger regelmäßig Einnahmen aus Werbeleistungen. Die Erteilung der Erlaubnis Werbeanzeigen auf dem Kanal abspielen zu dürfen, stellt eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG dar, deren Ort am Sitz des Leistungsempfängers (Unternehmens) gem. § 3a Abs. 2 UStG ist. Unterhaltungs- und Entertainmentleistungen Streamer erbringen häufig auch Unterhaltungs- und Entertainmentleistungen an ihre Zuschauer und Follower. Diese Leistungen unterliegen ebenfalls als sonstige Leistungen der Umsatzsteuer. Hier ist jedoch genau zu unterscheiden, ob die Streaming-Plattform oder der Streamer Leistungserbringer gegenüber dem Endverbraucher ist. Eine genaue Prüfung der Verträge und Vertragsbeziehungen mit der Streaming-Plattform ist daher unumgänglich. Nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt eine Dienstleistungskommission vor, wenn elektronisch erbrachte Dienstleistungen über ein Portal, eine Schnittstelle oder ein Telekommunikationsnetz erbracht werden. Dies hat zur Folge, dass der Plattformbetreiber als Leistungserbringer an den Endkunden zu sehen ist. Der Streamer erbringt eine sonstige Leistung an den Plattformbetreiber, der Ort der Leistung befindet sich gem. § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers. Verkauf eigener Produkte Sofern eigene Produkte wie Kosmetik, Lebensmittel, Mode- und Sportartikel verkauft werden, handelt es sich hierbei um eine Lieferung. Die Lieferung gilt gem. § 3a Abs. 6 UStG an dem Ort ausgeführt, wo die Versendung beginnt. Dies wird regelmäßig der Sitz bzw. Wohnsitz des Influencers sein. Im Falle einer Versendung von Deutschland aus, unterliegt die Lieferung der Umsatzsteuer in Höhe von 19%. Sollte die Lieferung an einen im Ausland ansässigen Unternehmer erfolgen ist zu prüfen, ob eine umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung bzw. Ausfuhrlieferung vorliegt. Überlassung von Produktproben und Sachzuwendungen Als Gegenleistung für Werbeleistungen erhalten Influencer häufig Produktproben und Sachzuwendungen (z.B. Mode-, Sport- und Kosmetikartikel, technische Geräte) von Unternehmen. Die Annahme derartiger Produkte führt bei dem Influencer zu Betriebseinnahmen und stellt einen tauschähnlichen Umsatz i.S.d. § 3Abs. 12 S. 2 UStG dar. Beim Tausch und bei tauschähnlichen Umsätzen gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Der Wert des anderen Umsatzes wird durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt. Subjektiver Wert ist derjenige, den der Leistungsempfänger der Leistung beimisst, die er sich verschaffen will und deren Wert dem Betrag entspricht, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. 4. 2008, XI R 56/06, BStBl II S. 909, und EuGH-Urteil vom 2. 6. 1994, C-33/93, Empire Stores). Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer richtet sich folglich nach dem subjektiven Wert der erhaltenen Werbeleistung. Die Werbeleistung stellt somit eine sonstige Leistung an einen Unternehmer dar, deren Ort sich gem. § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers befindet. Derartige umsatzsteuerliche Konsequenzen können ggf. durch die Rückgabe der Produktprobe nach Testung vermieden werden. Geldzuwendungen „Donations“ Bei Donations handelt es sich um freiwillige Spenden durch Zuschauer, die an den Influencer bei Liveübertragungen über eine spezielle Donation Software getätigt werden. Bei der Besteuerung von Donatins ist bislang nicht eindeutig, ob diese als Entgelt für eine Leistung des Streamers im umsatzsteuerlichen Sinne zu sehen sind, da die Zuschauer teilweise Vorteile wie z.B. früheren oder limitierten Zugang zu Inhalten auf der Website erlangen. Ein Kausalzusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung wurde allerdings von der Rechtsprechung bejaht. Hier verweisen wir auch auf unseren Blogbeitrag vom 10.01.2024 „Spenden (sog. Donations) im Bereich von Video- bzw. Streaming- Plattformen und deren umsatzsteuerliche Behandlung (Stand 9/2023)“. Die Geldzuwendung an den Streamer stellt eine unmittelbare Gegenleistung der Zuschauer für die Unterhaltsleistung des Streamers dar. Die Bestimmung des Leistungsortes richtet sich nach § 3a Abs. 1 UStG und liegt am Sitz des leistenden Unternehmers, also des Influencers. Eine Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 5 UStG scheidet aus, da die Leistung nicht vollautomatisiert erbracht wird. Zuwendungen von „Bits“ Neben Donations haben Streamer auch die Möglichkeit Einnahmen über Zuwendungen in Form von Bits, eine Art virtuelle Ware, zu erzielen. Die Bits werden durch den Zuschauer über die Video-Plattform erworben. Die Einräumung von Bits stellt eine Gegenleistung für die Unterhaltungsleistungen des Streamers dar und unterliegt der Umsatzsteuer. Der Leistungsaustausch erfolgt allerdings zwischen dem Streamer und dem Betreiber der Video-Plattform. Die Dienstleistungskommission stellt eine sonstige Leistung an die Video-Plattform dar, deren Ort sich gem. § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers befindet. III. Besonderheiten bei Leistungsbeziehungen mit ausländischen Unternehmen und Privatpersonen Sofern eine sonstige Leistung an einen im Ausland ansässigen Unternehmer erbracht wird, ist eine Einzelfallprüfung äußerst ratsam. Liegt der Leistungsort im Ausland, ist die sonstige Leistung nicht im Inland steuerbar. Es ist jedoch zu prüfen, ob ggf. eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland erfolgen und die Umsatzsteuer dort abgeführt werden muss oder ob das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung findet und die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger übergeht. Der Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft und die Angabe einer Umsatzsteuer-ID Nummer muss in der Rechnung erfolgen. Wird eine sonstige Leistung an eine Privatperson erbracht, ist die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens nicht möglich und eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland ist ggf. nötig. Hier kann jedoch geprüft werden, ob die Umsätze im Rahmen des One-Stop-Shop-Verfahrens (OSS) an die jeweiligen Länder über das Bundeszentralamt für Steuern gemeldet werden können. Sofern ein inländischer Influencer sonstige Leistungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer bezieht ist ebenfalls zu prüfen, ob das Revers-Charge-Verfahren Anwendung findet und die Steuerschuldnerschaft auf den Influencer als Leistungsempfänger übergeht (§13b UStG). Ist dies der Fall, muss der Influencer die Umsatzsteuer auf die bezogenen Leistungen in Deutschland abführen. Die Umsatzsteuer im Reverse-Charge-Verfahren ist auch durch den Influencer abzuführen, wenn auf ihn die Kleinunternehmerregelung Anwendung findet. Ferner liegt bei der Leistungserbringung an ausländische Unternehmer ggf. die Verpflichtung zur Abgabe einer zusammenfassenden Meldung (ZM) beim Bundeszentralamt für Steuern vor. Bei verspäteter Abgabe der ZM kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, der bis zu 1 Prozent der Summe aller in der ZM zu meldenden Bemessungsgrundlagen, höchstens jedoch 2.500,- € betragen kann (§ 18 a Abs. 11 Satz 2 UStG i.V.m. § 152 AO). Wird eine ZM vorsätzlich oder leichtfertig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgegeben, so kann dies zusätzlich als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 5.000,- € geahndet werden (§ 26 a UStG). Im nächsten Teil gehen wir auf das BFH Urteil vom 12.6.2019 (X R 20/17, BStBl. ll 2020, 3) ein, hinsichtlich der AfA auf den kommerzialisierbaren Teil des Namens-/Persönlichkeitsrechtes. Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung.